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Im Rhythmus der Natur 

Man muss kein Wissenschaftler sein, um zu begreifen, dass ein Apfel ohne Rückstände von Pestiziden besser schmeckt als mit Rückstände, das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand. Die Bevölkerung unseres Planeten wird abhängen von der Menge der Nahrung die wir nachhaltig produzieren können, nur so ist Leben in der Zukunft möglich, wirtschaften wir nicht nachhaltig, funktioniert es nicht. Wir müssen begreifen, dass wir Teil unsere Umwelt sind, wir hatten immer eine direkte Verbindung zur Anbau, Wachstum und Ernte der Nahrungsmittel und nur durch Berührung wusste man, wenn etwas reif ist für die Ernte, leider ging dieser Kontakt im Laufe der Zeit verloren.
Wir sind auch Teil der Natur, wir auch sind Teil des Bodens, es ist wichtig sich daran zu erinnern, dass wenn wir sterben, werden unsere Körper wieder ein Teil des Bodens sein. Asche zu Asche – Staub zu Staub. Wir wollen es wiederherstellen, diesen Kontakt mit der Erde und mit den Nahrungsmitteln, auf den Tellern landet nur das was die Natur uns gibt, nach ihre Regel. Einzigartig, saisonal hergestellt und nicht das ganze Jahr kaufbar. Kein leichtes Unterfangen!​​​​​​​​​​

Sensibilisierung

Welche Produkte gerade regional angebaut werden können, welche Sorten robust sind, aus welchem Grund es eine Fruchtfolge gibt oder wie lange es geht, bis etwas Erntereif ist, davon weiss der Konsumenten wenig bis gar nichts. Und an der Ladentheke rümpft der Konsument dann die Nase. Zu teuer, nicht schön, „wäh“. Lieber ein Stück Fleisch aus Brasilien, Kartoffeln aus Israel oder ein Apfel aus Neuseeland. Schön, lecker und erst noch viel billiger. Und der Tier- und Pflanzenschutz? Äh, was wo…?

Heute lebt man im permanenten Überfluss und es ist nicht mehr bewusst, wie viel Energie in das System Landwirtschaft gesteckt wird. Versalzung, Wüstenbildung, ausgelaugte Böden (durch das intensive, grossflächige Anbau von Futterpflanzen wie Mais, Getreide und Soja, also Kraftfutter), eine massive Überproduktion von Milchprodukten, Lebensmittelverschwendung, Landwirte in Existenznöten, Massentierhaltung, lange Transportwege sowie der Verlust an Geschmack und Vielfalt sind das Resultat und die Ausbeutung der Erntehelfer. Man redet oft von tierischen Produkten, wenn man an die Herkunft denkt. Was ist aber mit dem ganzen Gemüse, den Früchten? Wir importieren Tomaten, die nach ein Glas Wasser schmecken und dem Produzenten vor Ort pro kg 95 Rappen zahlen! Den sehr günstigen Preis ist nur zu erklären durch die katastrophalen Lohn- und Arbeitsbedingungen. ​​​​​​​Es sei wichtig zu wissen, wie ein Produkt hergestellt wird, wie das Tier gehalten sei, welche Massnahmen ergriffen würden, um zu produzieren, unter welche Bedingungen wurde produziert. Hinter einem Produkt stehen auch immer Menschen. 

Obwohl wir auf sie angewiesen sind, werden Lebensmittel nur als Ware, wie jedes andere Industrieprodukt, betrachtet. In Krisensituation wird einmal mehr klar, dass Nahrung etwas absolut Grundlegendes ist. Der Krieg in der Ukraine führt uns drastisch vor Augen, wie fragil der globalisierte Agrarmarkt ist. Deshalb ist es unsere Pflicht, auch in solchen Zeiten respektvoll mit den landwirtschaftlichen Ressourcen und unserer Umwelt umzugehen und die täglich geleistete Arbeit von Bäuerinnen und Bauern umso mehr wertzuschätzen. Die Landwirtschaft und damit verbunden ein gesunder Boden, sauberes Wasser, gerechte Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeit in allen Sinnen sind für alle Menschen eine Lebensgrundlage, ein essenzielles Gut. Wir haben ganz einfach die Verbindung verloren, wissen nicht mehr, welchen Wert dem Kultivieren unserer Lebensmittel zugeschrieben werden sollte und sind so nicht mehr bereit, faire Preise zu bezahlen.

Früher wurde der Wechsel von Saat und Ernte viel intensiver wahrgenommen als heute. Eine gute Ernte sicherte das Überleben der Familie über den Winter, eine schlechte Ernte konnte den Tod bedeuten. Bei uns haben wir heute die Sicherheit, jederzeit Nahrung zu haben. Der weltweite Handel macht dies möglich. Aber nicht überall haben die Menschen genügend zu Essen und sind stark von der Natur abhängig. Etwas 1 Milliarde Menschen leiden täglich Hunger. Auch bei uns kann es zu Lebensmitteleinschränkungen kommen, z.B. wegen Dürreperioden, Überschwemmungen etc. Die Coronakrise hat uns deutlich gezeigt, wie schnell unser Konsum ins Wanken kommen kann.

​​​​​​​Hochglanzwerbung verspricht uns, mit einem gekauften Bioprodukt die Welt gerettet zu haben, gleichzeitig werfen wir über 60% unseres produzierten Gemüses weg und spritzen jährlich 1400 Tonnen Pestizide auf unsere Felder. Mit Kunstdünger und intensiviertem Maschineneinsatz wird die “Produktivität” gesteigert, Hybridsaatgut verspricht angeblich sicherere Ernten und täglich “sterben” drei bis vier Bauernbetriebe weg. Verkehrte Welt. 

Kaufen Sie nur so viel ein, wie Sie wirklich benötigen. Keiner von uns verhungert innerhalb von einem Tag! Aber das Sonderangebot von heute ist morgen schon wieder Müll.

Hohe Anforderungen des Kunden

Die steigenden Anforderungen der Abnehmer an die äussere Qualität, z.B. gegenüber Schorfflecken auf Äpfeln und Kartoffeln oder Nulltoleranz bei Blattläusen bei Salaten, erschweren den „chemiefreien“ Anbau zusätzlich. Beispiel Rosenkohl: es erfüllte die strengen Qualitätsanforderungen der Abnehmer nicht mehr, weil die Röschen kleine äussere Verunreinigungen als Folge des Pilzbefalls aufwiesen. Ein Nachrüsten des Gemüses von Hand wäre nötig gewesen, was aber zu teuer war und durch den Abnahmepreis nicht gedeckt werden konnte. Erste Flächen waren bereits vernichtet worden, als sich die Branche schliesslich mit den Abnehmern doch noch auf eine Anpassung der Qualitätsanforderungen einigen konnte. Für die nächste Ernte prüften die Rosenkohlanbauern nun die Möglichkeit eines maschinellen Nachrüstens. Die Produktionskosten würden dadurch aber steigen.

Das Rosenkohlenbeispiel zeigt das ganze Dilemma auf, in dem die Landwirte beim Pflanzenschutz stecken. Eigentlich produzieren sie ein Naturprodukt, an das Anforderungen gestellt werden, wie sie sonst nur aus industriellen Prozessen bekannt sind: hohe Stückzahl, gleiche Kaliber ohne Fremdstoffe, einwandfreie äussere Qualität und das alles möglichst günstig. Ein zuverlässiger Helfer bei der Erreichung dieser hochgestreckten Ziele war hier bisher der chemische Pflanzenschutz, der nun aber in der Kritik steht. Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte waren Lebensmittel in der Schweiz so sicher wie heute. Ein ganzer Katalog von Hygienemassnahmen sorgt dafür, dass Infektionen oder Verunreinigungen bereits an der Quelle gar nicht mehr entstehen können. Krankheitsausbrüchen nach dem Verzehr von verdorbener Ware sind auch deshalb selten geworden. Dank immer leistungsfähigeren und genaueren Analysengeräten bleibt kaum ein Wirkstoff unentdeckt. Die sachgemässe Anwendung von Pflanzenschutzmittel liegt deshalb im eigenen Interesse des Bauern. 

Doch die hohen Qualitätsnormen der Abnehmer werfen auch Fragen auf: Weshalb darf es auf einem Naturprodukt eigentlich keinen Blattlaus oder auf einer Kartoffel ein paar aus gesundheitlichen Sicht bedenkenlose Silberschorf-Flecken haben! Weshalb müssen Spargeln in der Mitte einen Durchmesser von 1 cm oder Karotten alle die gleiche Form haben? Mit mehr Toleranz könnte hier die Pflanzenschutzmitteleinsatz weiter reduziert werden.

Auch krumme Gurken sättigen 

Bis vor einigen Jahren habe ich keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass für das Brot auf meinem Tisch irgendjemand Getreide anbaut, es aussät, erntet, einlagert, verarbeitet, transportiert und aus dem Mehl schliesslich das Brot backt. War es trocken geworden oder hatte ich es vergessen, es zu essen, habe ich es halt weggeworfen. Ich habe mir auch keine Gedanken gemacht, woher das Fleisch für mein Saftgulasch kommt. Klar mussten Tiere dafür sterben. Wer weiss das nicht?

Ja, ich habe sehr, sehr lange Zeit nichts von Hybridtieren, Hochleistungs- züchtungen, künstliche Besamung, Pestizide und Fungiziden, grüner Gentechnik, Massentierhaltung, Kraftfutter aus Industrieabfällen, künstlichen Hormonen, Schnabelkupieren und Medikamentenmissbrauch gehört. Ich habe lange nicht darüber nachgedacht, dass meine Art einzukaufen und zu essen einen Preis hatte, den ich bis heute nicht bezahlt haben und auch gar nicht bezahlen könnte. Seit diesen Bericht über die Kuhhaltung in ein Milchbetrieb und mir der Kreislauf meines Handels und die Konsequenz meiner Lebensmitteleinkäufe bewusst geworden sind, wurde anders eingekauft.

Ihre Kaufentscheidungen haben eine Wirkung. Lebensmittel direkt beim Erzeuger zu kaufen, ist die bedeutendste Alltagshandlung, die jeder durchführen kann, um eine positive soziale und umweltfreundliche Wirkung zu erzielen.​​​​​​​ Jeder von uns kann als Konsument seinen Beitrag leisten: Kämen unsere Qualitätsansprüche der natürlichen Vielfalt etwas näher, würden krumme Gurken und dreibeinige Karotten nicht in der Biogasanlage enden. Aber sind wir ehrlich: mit alten Mustern zu brechen, braucht Überwindung und Zeit. Wir müssen bereit sein für Kompromisse, für neues Denken, ja halt auch mal für Verbote. Das hat seinen Preis.

Und wer schon einmal Obst und Gemüse eingekauft hat, der weiss, dass man letztlich doch nach dem Apfel mit der kräftigsten Farbe, der geraden Gurke und der schönsten Karotte greift. Unsere hohen Standards beizubehalten, während anderswo gehungert wird, kann auf Dauer nicht gut gehen. So müssen wir lernen, kleine Mängel an Lebensmitteln zu akzeptieren. Das sollte machbar sein, denn auch Äpfel mit Schorfflecken, dreibeinige Karotten und krumme Gurken sättigen.​​​​​​​

Wer nicht kämpft, hat schon verloren!
Wir befürworten einen respektvollen Umgang mit Tieren, Menschen und Natur.
Herzlichen Dank für Ihren Beitrag an die Umwelt!